Montag, 5. November 2007
Postkartengespräche - 2002 Berlin
milkland, 02:57h
Jedes Jahr aufs neue. Telefonanrufe von von-zu-Hause Verreisten an die noch-zu-Hause Verwaisten. Man selbst steckt im Alltag, arrangiert sich mit diesem, ist zufrieden – manche auch resigniert- und unvermeidlich erhält man zwischen Juni und September mindestens einen Anruf mit einen kurzen Einblick, wie ein Tagesablauf sonst noch aussehen kann. Motto: Das wäre ihr Preis gewesen!
Schon an der Qualität der Telefonleitung kann man so ungefähr abschätzen in welchem Teil der Welt sich die Landesflüchtlinge eingewählt haben. Mal leises mal lautes Grundrauschen, Zwischenklicks von misstrauischen Staatsabhördiensten oder im Hintergrund mitübertragene Fremdlebensbegleitgeräuschkulissen erzählen mehr als der Anrufende je vorhatte. Der will eigentlich nichts mitteilen, der will nur angeben. Der Anrufer könnte auch eben so gut eine Postkarte schicken, der Inhalt des nun folgenden Gespräches wäre der selbe aber er findet es persönlicher, wenn er jetzt einfach mal ein paar Standartfloskeln durch den Äther schickt.
Standard 1: "Na du? Musst du arbeiten ? Du Ärmster! Ich bin ja im Urlaub… “ Gefolgt von einem nicht im Geringsten glaubwürdigen Lachen. Sie würden mit dem Finger auf einen zeigen, würde es Bildtelefone überall gebe.
Man darf, muss und hat nun die folgenden Minuten kommentarlos zu zuhören, das Ganze zum Monolog verkommen lassen – außer gelegentlichen Bekundungen dass man noch am Leben und am Hörer ist, welche durch Aha’s und HmHm’s zum Ausdruck gebracht werden, hat man nur den Part des Empfängers zu spielen. Denn Gegenfragen werden grundsätzlich überhört. Wie man es von den in Kinderschrift gekrakelten Postkarten aus dem Ferienlager kennt, brabbelt der Urlauber mit Weltweittelefonkarte nun die (seiner Meinung nach) wichtigen meteorologischen Daten der letzten Tage herunter, immer mit einem Unterton in der Stimme als habe er gerade ein sich selbst reproduzierendes Gegenmittel gegen Schnupfen erfunden. Das er hier ist und man selber da als nicht dort- unfassbar toll, er kriegt sich fast nicht mehr ein. Er erlebt die Welt, die Sonne (und gestern hatten wir morgens schon 25 Grad- im Schatten! Man ehy 25 Grad morgens!!!) und die „all inklusives“ der Mega-Hotelanlage (billige überlagerte Sandwiches und grellbunte Zuckerwassercocktails mit Alkoholimitat am Hotelpool mit Kinderpipi drin) und darf das jetzt mir „Ärmsten“ Daheimgebliebenen mitteilen. Wahnsinns Swimmingpool, unglaublicher Strand, die Menschen hier sind alle so nett, das Essen ist einfach fantastisch.
Als ob mein Leben still stehen und ich noch in Höhlen wohnen würde.
Länger als 5 Minuten dauert so ein Postkartengespräch nie. Der Urlauber muss ja noch andere anrufen und ihnen ( wie bei Postkarten eben) im absolut gleichen Wortlaut den absolut selben Text vorreden. Das ist ein Zwang. Das muss er tun, denn das machen doch alle! Eher kann er sich nicht entspannen.
Man darf noch ein Mehrsilbiges Wort sagen, so etwas aus dem Bereich: Auf Wiedersehen, Viel Spaß weiterhin und Ruf mich (verflucht noch mal erst) wieder an wenn du gut nach Hause gekommen bist… legt auf und hofft dass der Urlauber dieses Jahr den Wintersport in Sölden ausfallen lassen wird.
Schon an der Qualität der Telefonleitung kann man so ungefähr abschätzen in welchem Teil der Welt sich die Landesflüchtlinge eingewählt haben. Mal leises mal lautes Grundrauschen, Zwischenklicks von misstrauischen Staatsabhördiensten oder im Hintergrund mitübertragene Fremdlebensbegleitgeräuschkulissen erzählen mehr als der Anrufende je vorhatte. Der will eigentlich nichts mitteilen, der will nur angeben. Der Anrufer könnte auch eben so gut eine Postkarte schicken, der Inhalt des nun folgenden Gespräches wäre der selbe aber er findet es persönlicher, wenn er jetzt einfach mal ein paar Standartfloskeln durch den Äther schickt.
Standard 1: "Na du? Musst du arbeiten ? Du Ärmster! Ich bin ja im Urlaub… “ Gefolgt von einem nicht im Geringsten glaubwürdigen Lachen. Sie würden mit dem Finger auf einen zeigen, würde es Bildtelefone überall gebe.
Man darf, muss und hat nun die folgenden Minuten kommentarlos zu zuhören, das Ganze zum Monolog verkommen lassen – außer gelegentlichen Bekundungen dass man noch am Leben und am Hörer ist, welche durch Aha’s und HmHm’s zum Ausdruck gebracht werden, hat man nur den Part des Empfängers zu spielen. Denn Gegenfragen werden grundsätzlich überhört. Wie man es von den in Kinderschrift gekrakelten Postkarten aus dem Ferienlager kennt, brabbelt der Urlauber mit Weltweittelefonkarte nun die (seiner Meinung nach) wichtigen meteorologischen Daten der letzten Tage herunter, immer mit einem Unterton in der Stimme als habe er gerade ein sich selbst reproduzierendes Gegenmittel gegen Schnupfen erfunden. Das er hier ist und man selber da als nicht dort- unfassbar toll, er kriegt sich fast nicht mehr ein. Er erlebt die Welt, die Sonne (und gestern hatten wir morgens schon 25 Grad- im Schatten! Man ehy 25 Grad morgens!!!) und die „all inklusives“ der Mega-Hotelanlage (billige überlagerte Sandwiches und grellbunte Zuckerwassercocktails mit Alkoholimitat am Hotelpool mit Kinderpipi drin) und darf das jetzt mir „Ärmsten“ Daheimgebliebenen mitteilen. Wahnsinns Swimmingpool, unglaublicher Strand, die Menschen hier sind alle so nett, das Essen ist einfach fantastisch.
Als ob mein Leben still stehen und ich noch in Höhlen wohnen würde.
Länger als 5 Minuten dauert so ein Postkartengespräch nie. Der Urlauber muss ja noch andere anrufen und ihnen ( wie bei Postkarten eben) im absolut gleichen Wortlaut den absolut selben Text vorreden. Das ist ein Zwang. Das muss er tun, denn das machen doch alle! Eher kann er sich nicht entspannen.
Man darf noch ein Mehrsilbiges Wort sagen, so etwas aus dem Bereich: Auf Wiedersehen, Viel Spaß weiterhin und Ruf mich (verflucht noch mal erst) wieder an wenn du gut nach Hause gekommen bist… legt auf und hofft dass der Urlauber dieses Jahr den Wintersport in Sölden ausfallen lassen wird.
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