Donnerstag, 6. November 2008
Amphi-Festival KÖLN 19./20.07.2008
Vor Ort bei(m): Amphi-Festival - Samstag
Datum: 19.07.2008
Ort: Köln - Tanzbrunnen


ZEROMANCER

Ihr Platz im Line Up war letztendlich gnadenlos früh, viele Fans wurden durch zu optimistische Zeiteinteilung und vorherrschender Leichtfertigkeit der Orga um dieses Bonbon des Festivals gebracht. Zumindest hören konnten wir ihr Set, um dann bei Bekannten und anderen Pressefotographen ein paar Einblicke in das Bühnenbild (das dann endlich von vorn) zu ergattern. Da wurde es wieder verständlich wieso bei der Autogrammstunde am selben Abend wieder vermehrt verzückte junge Damen Schlange standen.
Was man beim Warten auf die wichtigen Festivaldokumente hören konnte, waren laut jubelnde Menschen, viele Applaus, einen anfeuernden Alex und sogar zwei neue Songs!
Das abschließend wohl etwas versehentlich rausgerutschte „Hope to see you all on tour, hopefully!“ ließ uns wieder lächeln. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Setlist
00. Intro
01. Need you like a Drug
02. Doppelganger I love you
03. Clone Your Lover
04. My Little Tragedy
05. Cupola
06. I’m Yours to lose
07. Sounds like Love
08. Doctor Online
09. Fade to Smack

ZERAPHINE

Und noch eine Gitarrenband mit Kultstatus an viel zu früher Stelle des Lineup.
Dafür mit ordentlich Zeit, sich durch ihr Song Repertoire zu spielen. Ein Best of der Zeraphinesongs, das bei den Zuschauern vor der sehr gut einsichtigen Bühne lautstark honoriert wurde.
Eigentlich ein typischer ZERAPHINE-Gig. Nichts sonderlich aufregendes, nichts was in die Hose… bzw. den Rock ging.
Sänger Sven Friedrich, Gitarist Norman Selbig und Co gehören zu bekannten Gesichtern auf Festivalbühnen und so routiniert gestalteten sie die Darbietung. Jeder hat seinen Platz und seine Aufgabe.
Natürlich unterhielten sie ihre Fans auch mit den Dauerbrennern wie „Be My Rain“ und „Flieh Mit Mir“.

Setlist
01. Intro
02. Die Macht In Dir
03. I’ll Follow You
04. No More Doubts
05. Ohne Dich
06. Jede Wahrheit
07. Still
08. Nichts Aus Liebe
09. Die Wirklichkeit
10. Be My Rain
11. INSIDE Your Arms
12. Traumaworld
13. Flieh Mit Mir

HAUJOBB

Die letzte Show unter dieser Buchstabenfolge. Das hatte Sänger Daniel Myer beinah selber vergessen und wurde bei dem Abschlußtrack leise von rechter Seite erinnert. Das heißt im Klartext: Kein "helicopter on stage" (zitat Myer) mehr und all die einzigartigen Industrial-Tracks wie „World Windows“ werden nicht mehr im Fanchorus vervielfacht.
Zum Glück hat Mastermind Myer viele andere Projekte aus diesem Anfangsbäumchen gezogen. Wen er allerdings meinte als er „die Bühne frei für die neuen Köpfe“ machte, blieb mir auf diesem Festival ein Rätsel. Da gab es meiner Meinung niemanden der diese Lücke würdig füllen könnte.
Für die vielen treuen Begleiter der HAUJOBB-Ära, welche 1993 startete, brachte man „Unseeing“ in einem speziellen Guido Fricke Mix zu Gehör und widmete „Yearning“ Niels 23. Es wurde immer ergreifender.
Mit einem langen Applausteppich und unzähligen hoffnungsvollen Lautbekundungen die aber dem strengen Zeitplan nichts abringen konnten, verschwanden HAUJOBB im Dunkel des Bühnenausganges, endlich Zeit für „Homes And Gardens“ (kleine Anspielung auf ihr aller erstes Album, Amerk. Verfasser)
Eine der wenigen Liveacts mit fühlbaren Ecken und Kanten weniger für die Festivalwelt, wirklich traurig.

Setlist
01. Anti/Matter
02. World Window
03. Unseeing
04. Dream Aid
05. Penetration
06. Yearning
07. Eye Over You
08. The Noise Institute
09. Subsonic
10. Boom Operator

COVENANT

Die wie immer bestgekleidetste Electroband gab anschließend den Takt an. Die Neunziger waren ein sehr produktives Jahr für den später so called "Weiberelectro".
Auch in Schweden fanden sich eine Menge Musikfreaks mit Hang zu strombetriebenen Tasteninstrumente zusammen. Und solch ambitionierten Menschen lassen sich auch durch Fehlfunktionen ihrer biologischen Masse nicht an der Mission hindern. Wenn das Bein noch in den schicken Sommeranzug passt, dann rauf damit auf die Bühne. Keyboarder Joakim Montelius hatte sich tags zuvor beim Amphi-Fussball Cup das Bein verletzt und war so gehemmt im Bewegungsradius.
Rechts zu sehen war, wie Moderator Honey angekündigt hatte, die „neue 17 jährige Blondine“. ;) Grad bei Haujobb entlassen und schon an den Tasten: Daniel Myer, welcher dadurch die sonst etwas steife Band aufwertete und ihr mehr „live“ feeling verpasste.
Die musikalische Nachfrage entsprach dem Angebot. Eine Masse aus feiernden Menschen, energiegeladene Musiker, eine schönes Set aus allen Epochen der COVENANT Geschichte. Es wird wieder Zeit für eine ausgiebige Tour durchs Land! Mit mehr Zeit für die langen Intros ;)

Setlist
01. Monochrome
02. Bullet
03. Figurehead
04. The Men
05. Stalker
06. Invisible & Silent
07. 20Hz
08. Dead Stars
09. We stand alone
10. Ritual Noise

ROTERSAND

Wieder rein in den Massensog. Im Theater erwarteten nun Gunther Gerl, Rascal Nikov und Krischan Jan-Eric Wesenberg auf die bewegungsfreudige Electropop-Meute. Meine persönliche Lieblingsband werden sie nicht. Dafür sind mir zu wenig innovatives Klangdesign und uninspirierende Textfragmente im einzelnen Track verteilt. Dazu die Zwischenmonologe von Rascal mit der gehauchten Stimme die mich die dazu kniende Dame vor ihm vermissen lassen könnte. Aber die Halle war mal wieder bis zum Eingang voll gepackt, lange Wartezeiten davor inklusive. Ein Indiz, dass sie den Zeitgeist treffen. Ihre Hardcore Fans zückten die schon oft gesehenen Fahnen und die Zeit verging wie im Fluge, was vielleicht auch an der Ähnlichkeit der Songs lag und an den interessanten optischen Begleiterscheinungen in meiner Ausdruckstanzecke. Köln kann da so einiges bieten. Mit „Exterminate“ und „Undone“ wurden die letzten Kraftreserven der Fans mobilisiert, die in der stickigen Enge teilweise nicht ganz so euphorisch die Arme schwenkten wie erwünscht.
Solider Electro-Pop mit Kuschelgarantie. ROTERSAND werden noch viele Bühnen abgrasen.

Setlist
01. Intro
02. Lost
03. Almost Violent
04. Electronic World Transmission (SITD Remix)
05. I Am With You
06. Merging Oceans
07. I Cry (Rework)
08. Exterminate Annihilate Destroy

Zugabe
09. Undone
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Vor Ort bei(m): Amphi-Festival - Sonntag
Datum: 20.07.2008
Ort: Köln - Tanzbrunnen


SUICIDE COMMANDO

Noch eine Band an der man in diesem Festivalsommer nicht vorbei kommt. Dank der drei großen Fächerdächer vor der Hauptbühne wurden die meisten der tapfer ausharrenden Fans vor den kurzen Regengüssen, die am Sonntag immer mal wieder für Abkühlung sorgten, geschützt. Außerdem konnte so auf Regenschirmwälder verzichtet werden und jeder konnte sich die Videoprojektion zu Gemüte führen.
Front-Animateur Johan van Roy nahm die komplette Bühnenlänge in Beschlag und tigerte unablässig von links nach rechts. Für mich persönlich wird das nach einer Viertelstunde schnell langweilig. Andere tanzte sich in ihre kleine Electrowelt und waren überglücklich über Songs wie „Bind Torture Kill“ und anderer Evergreens aus der History der belgischen most wanted Tanzkapelle. Im Hintergrund lief wiedereinmal die Videokollektion der blutigsten und unmoralischsten Momente der menschlichen Geschichte und sollte den evil Charakter unterstützen, den die „Hellraiser“ Entertainer gern vermitteln. Ob ihnen das wirklich gelungen ist, sei dahin gestellt. Fazit: berechtigter Line Up Platz auf der großen Bühne und Regenwasser-feste Fans.

Setlist
01. Bind Torture Kill
02. Menschenfresser
03. Conspiracy With The devil
04. Dein Herz, Meine Gier
05. Cause Of Death: Suicide
06. Raise Your God
07. One Nation Under God
08. Hate Me
09. Love Breeds Suicide
10. Fuck You Bitch
11. Hellraiser

PROJECT PITCHFORK

Moderator Jens Kästel verließ nach kurzer Rede die Bühne mit dem Scheubi-Zitat: “die beste Band der Welt“. Bescheidenheit war nicht das Motto des heutigen Tages.
Und wie wir wissen, erhalten kleine Geschenke die Freundschaft und so verteilte Peter Spilles erst einmal einen Beutel voller Ansteckbuttons in den ersten Reihen. Danach ging es ohne Unterbrechung die lange Hitliste der heutigen Co-Headliner entlang. Kräftig unterstützt durch bewegungsreiche Animationskünste eines sehr aufgedrehten Scheubi. Während die hintere Musikerreihe wie gewohnt konzentriert am Klangteppich webte bzw. untermauerte wieso man so gern als Livedrummer ausgeliehen wird, tanzten Spilles und Scheubi ohne Pause zusammen über die freie Fläche. Gitarist Carsten Klatte war heute etwas gesammelter und fixierte lieber die Menschenmenge vor ihm. I see you, do you hear me – wurde von unzähligen Jubelschreien und Arme-Hoch beantwortet. Gastsängerin SARA NOXX beehrte die Bühne für einen klasse Vortrages des „Earth Song“, neueste Kreation aus dem Hause PP und NOXX.
Passend zu einigen Textpassagen gab es gegen Ende eine Naturlightshow als die Sonne endlich die Macht übernahm und den klatschnassen aber unbeirrt feiernden Fanmassen mit Regenbogen und Lichtstrahlen den Abend vergoldete.
Mit breitem Grinsen verabschiedeten sich die Musiker von ihren Fans und übergaben mit „Viel Spaß mit der Dancing Queen!“ an die Headliner im Außengehege.

AND ONE

Vorhang auf (runter), tadaaaaa ein Steve! Im Hintergrund, der Größe nach geordnet, Chris Ruiz und Gio van Oli. Auf dem Vorplatz der Bühne: kein ungenutzter Zentimeter Platz!
Mit gewohnter Liebenswürdigkeit (Zitat Steve: Ihr seid doch alle besoffen!) eröffneten die Headliner des Sonntages ihre Tanzshow. Während „Timekiller“ sprangen zusätzlich der Urheber Peter Spilles und Scheubi neben den Berlinern und machten so diesen Song zu einem einzigartigen Erlebnis. Kampf um das Mikro inklusive.
Mit vielen Coverversionen von unter anderem den PET SHOP BOYS oder A-HA und lang nicht mehr gehörten Pop-Perlen wie „Body Nerv“ schunkelten mindestens 9.000 Fans in den Feierabend.
Es ist vielleicht nicht die größte musikalische Leistung, Songs anderer Leute zu singen und sie nur minimal zu verändern, den typischen AND ONE Beat drunter zu legen, doch gibt der Erfolg ihnen Recht. Auf diesen Auftritt haben sie alle gewartet. Und da in unserer Szene gilt, "never change a winning sound", werden AND ONE noch lange, lange Zeit, mit dem immer gleichen Stil und den fast schon identischen Shows durchs Land ziehen. Gefolgt von unzähligen zufriedenen Fans die dann noch ihren Enkeln erzählen, wie sie einst zu diesen Song geknutscht, getanzt und gefeiert haben.
Ich verabschiedete mich aber schon recht früh um auf jeden Fall noch in das überfüllte Theater zu gelangen.

Setlist
01. The Sun Always Shines On TV
02. Stand The Pain
03. Recover You
04. Fools
05. Timekiller
06. Sometimes
07. But Not Tonight
08. Get You Closer
09. Bodynerv
10. Traumfrau
11. Deutschmaschine
12. Steine Sind Steine
13. It`s A Sin
14. Für
15. Fernsehapparat
16. Take Some More
17. Military Fashion Show
18. Techno Man
19. So Klingt Liebe

COMBICHRIST

Der King of Entertainment der seichteren Industrial Branche. Seine Make-up Ideen scheinen Andy L. ebenso wenig auszugehen wie die einfachen, mitreißenden Beats samt leicht anstößiger Wortwahl. Full House! Kein Wunder, im Kindergarten sind Fingermalfarbe und das böse Wort sagen ja auch immer ganz doll beliebt.
Man sollte allerdings aufmerksam bleiben und nicht all zu verträumt dem Elektrogewitter lauschen. Ohne Unterlass verteilte Joe Drumsticks an die Fans (Motto: Aua mein Auge) und für ein angenehmes Feuchtbiotop wurden brüderlich die Wasserflaschen ausgeschüttet. Das hatte am Ende des Sets noch einen kleinen peinlichen Auftritt für Simon, den Keyboarder zur Folge. Mr. Petersen, der im Halbschatten im Takt mit dem Kopf nickte, fiel durch vorbildliches Nebenfigurverhalten deutlich auf. Der tut nichts, der will nur spielen.
Die Unterhaltende Tanzshoweinlagen gehören hier nämlich immer nur dem Mastermind.
Grimassen schneiden, Posen, einen halben Moonwalk hinlegen, zu den Fotographen beugen und immer wieder die Massen anfeuern. COMBICHRIST verteidigten ihre Headlinerpostition bis zu letzt und werden das auch auf ihrer ausgedehnten Festivaltour durch Europa beibehalten.
Man weiß was zieht!
Im Anschluss zu diesem, viele glücklich verschwitzte Gesichter zurücklassenden Event, tauchte die Band im Fangewimmel außerhalb der Halle auf, um doch noch das eine oder andere Autogramm zu verschenken.

Nach ein paar Stündchen Disco legte sich die Nachtstille über den Messekreisel und alles tankte Energie für den nächsten langen Feier-Tag.


kompletter Bericht + Fotos: www.obsession-mag.de

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